Kindermachergang
Geschichte einer Hamburger Straße

1994-1997 Lutz Mohnhaupt

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Die Arbeit

Dem Adreßbuch aus dem Jahre 1912 können wir entnehmen, dass in der Kegelhofstraße der Anteil der Arbeiter und unselbstständigen Handwerker rund 73 Prozent betrug. Die ArbeiterInnen, am untersten Ende der Lohnskala, waren entweder in der Produktion, wie z.B. der Zigarettenindustrie, im Schiffbau oder etwa als Lagerarbeiter, Heizer, Straßenreiniger, Plätterin usw. beschäftigt. Etwas höher war das Einkommen der Kutscher und Wagenführer. Wer einen Lehrberuf hatte, wie Maurer, Zimmermann, Schmied, Schlosser, Tischler, Maler oder Schneider, konnte noch ein paar Mark mehr nach Hause bringen, oft reichte der Lohn jedoch gerade, um die Familie zu ernähren. Auch den einfachen Angestellten, wie Postboten, Kellnern, Bürogehilfen, Hausdienern, Straßenbahnschaffern und Buchhaltern ging es kaum besser, ihr Anteil an den BewohnerInnen der Straße betrug 14 Prozent.

Der einfache Mittelstand, vor allem Meister und Beamte, bevorzugte etwas bessere Wohnlagen wie z.B. die Edgar-Roß oder Erikastraße; nur 7 Prozent dieser Berufsgruppen hatte ihren Wohnsitz in der Kegelhofstraße. Wie klein dieser Anteil in Zahlen ist, zeigt das Adreßbuch: nur 27 Personen sind hier verzeichnet, gegenüber 273 ArbeiterInnen und unselbstständigen Handwerkern.

Die Selbstständigen, mit rund 6 Prozent vertreten, führten Milch- Brot- und Zigarettenläden oder eine Schlachterei.

1926 betrug der Anteil der ArbeiterInnen und unselbstständigen HandwerkerInnen knapp 78 Prozent, rund 16 Prozent sind Angestellte und Beamte, 6,5 Prozent selbstständig – die Straße bleibt eine Arbeiterstraße mit der entsprechenden sozialen und politischen Sprengkraft, die ungenügende Entlohnung und Arbeitsbedingungen hervorriefen.



Einwohner der Kegelhofstraße 22 – überwiegend Kinder – vor dem ersten Weltkrieg. Deutlich erkennbar
das erste grobe Straßenpflaster. Die Gehwege waren nicht befestigt. (Foto privat)


Die Arbeitszeit beispielsweise der Werftarbeiter in den dreißiger Jahren ging meist von 7 Uhr bis 15.30 Uhr, sonnabends bis 13.30 Uhr und betrug wenigstens 49 bis 51 Stunden. Auf Anordnung mußten die Arbeiter Überstunden schieben, sonst drohte die Kündigung. Gerade in den Werften lag die Zahl der Arbeitsunfälle sehr hoch, 1929 beispielweise ereigneten sich bei Blohm & Voss 1707 Unfälle. Meist wurde statt auf Gerüsten auf Hängegestellen gearbeitet, das Tragen von Helmen wurede erst 1951 vorgeschrieben.

Vergeblich versuchten die Politiker die Massenarbeitslosigkeit in den zwanziger und dreißier Jahren zu bekämpfen. Die Apelle der Stadt an die Wirtschaft, das Überstundenwesen einzuschränken und die Arbeitszeit zu verkürzen, um mehr Arbeiter einstellen zu können, wurden von dieser abgelehnt. Für Staatsarbeiter hatte Hamburg bereits die 44-Stunden-Woche eingeführt, um mehr Menschen beschäftigen zu können. Einzelpersonen mit zwei Beschäftigungen und Ehepaare mit zwei Einkommen wurden aufgefordert, eine Tätigkeit aufzugeben. Seit 1926 bereits führte Hamburg sogenannte "Notstandsarbeiten" durch, um Arbeitslose zu beschäftigen, z.B. im U-Bahn-Bau und bei Uferschutzarbeiten. Das Programm fiel jedoch bereits 1931 dem Rotstift zum Opfer. Die Arbeitsfürsorge bot Wohlfahrtserwerbslosen, also Menschen, die kein Arbeitslosengeld bekamen, Lohnarbeit bei gemeinnützigen und Notstandsarbeiten an. Beide Programme, die rund 3000 Menschen Arbeit gaben, hatten bei einer Gesamtarbeitslosenzahl von über 100.000 jedoch kam Auswirkungen.

Selbst Arbeiter, die ihren Job nicht verloren hatten, führten – aus heutiger Sicht – ein Leben in Armut. Die durchschnittlichen tariflichen Stundenlöhne zwischen 1929 und 1933 sind in der nachfolgenden Tabelle dokumentiert, welche außerdem den fortschreitenden Lohnabbau veranschaulicht (Quelle: Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich)



Hamburger Arbeiter-Stundenlöhne 1929 - 1933 in Pfennigen


Männliche Arbeiter

Weibliche Arbeiter

Jahr

Facharbeiter

Angelernte

Hilfsarbeiter

Facharb./Angelernte

Hilfsarbeiterinnen

1929

101,7

82,2

79,9

63,9

52,9

1930

102,9

83,4

80,8

64,7

53,7

1931

96,8

78,8

76

61,1

50,7

1932

81,8

69,1

63,8

53,3

44,1

1933

80,1

68,4

63

52,2

43,5


Was konne man mit diesem Geld anfangen? Die Annonce "Gute Ratschläge für Alle" von "Karstadt-Barmbeck" im "Hamburger Echo" vom 2.7.1930 verdeutlicht dies:

-- HIER EINE KOPIE AUS VORWÄRTS U: NICHT VERGESSEN ::: SEITE 92? --

Für Nahrungsmittel mußte eine durchschnittliche Arbeiterfamilie 42,84 Prozent ihres Einkommens ausgeben, auf Bekleidung und Wäsche entfielen 10,68 %, Wohnungsmiete 9,98 %, Heizung und Beleuchtung 3,74 %. Über dreißig Prozent der Ehefrauen sind erwerbstätig. (Quelle: Aus Hamburgs Verwaltung und Wirtschaft, 1929)

Die großen Kaufhäuser und Filialketten hatten aber bei weitem nicht die heutige Bedeutung, gekauft wurde im Laden „um die Ecke“. Dort konnte man schließlich zum Monatsende anschreiben lassen, wenn das Geld wieder einmal nicht reichte. Das Preisniveau war mit dem der obigen Karstadt-Annonce vergleichbar.


Frauenarbeit


Bis zum ersten Weltkrieg schickten viele Arbeitereltern ihre Töchter nach der Schule als Dienstmädchen in einen bürgerlichen Haushalt, um die Haushaltsführung zu erlernen und vor allem, um durch die eigenen Einkünfte die Familie zu unterstützen. In den zwanziger Jahren waren jedoch immer weniger Arbeitermädchen bereit, das unfreie, abhängige Dasein der Haushaltsangestellten zu fristen. Vor allem die Tätigkeit als Angestellte, aber selbst die Fabrikarbeit lockte immer mehr junge Frauen.

In Hamburg wuchs der Handel und das Dienstleistungsgewerbe in den zwanziger Jahren überpropotional, dort wurden zunehmend mehr billige Arbeitskräfte benötigt. So gab es 1925 in Hamburg mehr weibliche Angestellte als Arbeiterinnen. Die meisten weiblichen Angestellten waren als Verkäuferinnen (46 %), Kontoristinnen (23 %) und Stenotypistinnen (16 %) beschäftigt, vor allem in kleineren Betrieben. Das war für junge Arbeitertöchter ein erstrebenswerter Aufstieg, den rund 40 Prozent der schulentlassenen Mädchen ergreifen wollten, zumal ihnen jede andere Art beruflicher Qualifikation praktisch verwehrt blieb. Nur noch 22,5 % waren 1925 als Dienstmädchen tätig. Die meisten Angestellten schieden bereits im Alter von 25 Jahren aus dem Beruf aus – dem klassischen Heiratsalter der damaligen Zeit. Etwa 80 % der weiblichen Angestellten waren jünger als 30 Jahre.


Doch der Wunsch, nach der Heirat nicht mehr arbeiten zu müssen, blieb immer mehr jungen Frauen verwehrt, da das Einkommen der Ehemeänner oft nicht ausreichte, um die wachsende Familie zu ernähren. Um überhaupt Geld nach Hause zu bringen, sahen sich viele Frauen gezwungen, die ungesndesten und schlechtbezahltestn Tätigkeiten zu übernehmen. Sie arbeiteten in Wäschereien, der Fischindustrie, der Metallbearbeitung, der Asbestspinnerei und vergleichbaren Berufen. Die Hamburger Firma Beiersdorf beschreibt die Tätigkeit in in iher Produktion Anfang der dreißiger Jahre: "... Das Transportband trägt die Tuben durch zwei Reihen von Arbeiterinnen. Die letzte auf der linken Seite bedient die Maschine, die übrigen verpacken die Tuben, wobei sie sich die Zeit mit lustigem Gesang vertreiben...". Nach dieser "lustigen" Arbeit hastete die Frau von der Arbeit nach Hause, meist zu Fuß, denn öffentliche Verkehrsmittel sind zu teuer. Also geht's von Eimsbüttel durch die Gärtner- und Martinistraße weiter über die Frickestraße. In der Kegelhofstraße wird schnell noch das notwendigste eingekauft, Mann und Kinder warten schon auf das Essen, das die älteste Tochter bereits augesetzt hat. Diese paßt auch nach der Schle auf die jüngeren Gschwister auf. Es ist fast viertel vor Sieben, die Mutter schließt die Wohnungstür auf. Nach dem Essen ist noch allerlei im Haushalt zu erledigen, Flicken, Stopfen, die Kinder ins Bett bringen... Lang wird der Abend nicht: Weit vor sechs Uhr muß sie wieder aufstehen, das Frühstück bereiten, das Abendessen vorkochen, Mann und Kinder wecken. Um Acht muß die Mutter an der Stempeluhr stehen, eine Stunde Mitagspause, um 18 Uhr ist Feierabend. Samstags ist mittags Schluß, dann muß zu Hause die große Wäsche gemacht werden.

Besonders schlecht sah es aus, wenn die Kinder noch klein waren und nicht Nachbarinnen, Verwandte oder Großeltern aufpassen konnten. Ein Kindergartenplatz war für Arbeiterfamilien unbezahlbar – oft reichte das Geld ja noch nicht einmal für die Straßenbahnfahrkarte zum Arbeitsplatz.

Aufgrund dieser Situation richtete die Arbeiterwohlfahrt 1924 die ersten Kindergärten ein. Einer davon befand sich in der Tarpenbekstraße ORT ORT ORT!!!. Ausgebildete Kindergärtnerinnen kümmerten sich um die Kinder: Jungen und Mädchen sollten gemeinsam vor allem soziales und kameradschaftliches Verhalten lernen, auf Selbstständigkeit und Selbstverantwortlichkeit wurde großer Wert gelegt. Oft schon vor sieben Uhr brachten die Mütter die Kinder, die mindestns drei Jahre alt sein mußten. Ältere Kinder, bis vierzehn Jahren, konnten hier nach der Schule essen und ihre Schulaufgaben erledigen. Im September 1933 wurden die Kindergärten der Arbeiterwohlfahrt von den Nationalsozialisten aufgelöst und in die "NS-Volkswohlfahrt" überführt.<J>

Vor allem das Einkommen der ungelernten Arbeiter, bis in die fünfziger Jahre über 30 Prozent der Erwerbstätigen in der Kegelhofstaße, reichte nicht aus, um die Familie allein zu ernähren. So waren beispielsweise in Eppendorf 1925 über ein Drittel der verheirateten Frauen berufstätig. Rund die Hälfte von ihnen hatte Kinder, von denen viele unbeaufsichtigt zu Hause bleiben mußten.



Der Arbeitsweg

Der Arbeiter oder Angestellte aus der Kegelhofstraße mußte schon damals wegen der etwas ungünstigen "Randlage" seines Viertels, schließlich lagen (die dichte Bebauung täuschte darüber hinweg) die letzten Haüser an der Landesgrenze, entweder durch die Frickestraße zur Haltestelle der "Elektrischen" vor dem Eppendorfer Krankenhaus gehen oder zum Eppendorfer Marktplatz, wo er unter mehreren Linien wählen konnte. Vorausgesetzt, daß er sich die Fahrkarte leisten konnte, denn das Einkommenen vieler "Ungelernter" war oft so gering, daß es nicht reichte, um die Hin- und Rückfahrkarte zu bezahlen, ein Weg, selbst aus dem Hafen nach Hause mußte dann zu Fuß zurückgelegt werden. Die Fahrkosten waren unverhältnismäßig teuer, die sogenannte "Arbeiterkarte", eine erste verbilligte Zeitkarte, wurde erst später eingeführt.

Eine weitere, jedoch etwas ungünstig gelegene Verbindung bestand in der Fährlinie Winterhuder Fährhaus - Jungfernstieg. Die Alsterdampfer waren vollwertige Verkehrsmittel mit kurzem Zeitakt, einige Jahre lang bestand auf dieser Linie sogar eine halbstündige Nachtverbindung. Die Fahrzeit betrug 30 Minuten. Auch die heutige U3, als Ringlinie mit den Haltestellen Kellinghusenstraße und Eppendorfer Baum 1912 in Betrieb genommen, hatte damals wegen der ungünstigen Lage und den guten Anbindungen im Zentrum des Stadteils, dem Eppendorfer Marktplatz und der Eppendorfer Landstraße nur eine Randfunktion für die Verkehrsmittelwahl der Eppendorfer.


Verkehrsverbindungen

Ein Artikel aus dem Hamburger "Echo" vom 29. März 1930 gibt einen kleinen Einblick in das Verkehrsgeschehen der dreißiger Jahre: "Wohl mancher, der morgens seine Wohnung verläßt und eilig in überfüllten Straßen- oder Hochbahnwaen, zu Fuß oder sonstwie seiner Arbeitsstätte zustrebt, wird sich angesichts der Massen, die gleich ihm aus allen Stadtteilen der Innenstadt oder dem Hafen zueilen, gefragt haben, wie viele Tausende wohl täglich morgens ihre Wohnung verlassen müssen, um zu ihrer Arbeitsstätte zu gelangen. Wie eine interessante Arbeit des Statistischen Landesamts zeigt, sind es aber nicht nur Tausende, sondern Hunderttausende ... Im Jahre 1925 waren es von rund 555.000 Erwerbstätigen, die in der Stadt Hamburg wohnten, nicht weniger als 450.000 Personen... Die Hauptmasse der Erwerbstätigen ist im Hafen und in der Innenstadt beschäftigt. In diesem großen Arbeitszentrum der Stadt arbeiten 221.000 Personen oder fast 44% aller Erwerbstätigen der Stadt Hamburg...". Die Wirtschaftskrise und die damit verbundene Massenarbeitslosigkeit und Lohnkürzungen wirkten sich auch auf die öffentlichen Verkehrsmittel aus: 1932 ging der Straßenbahnverkehr gegenüber dem Vorjahr um zwanig Prozent zurück, rund ein Viertel der Linien mußten eingestellt werden. Viele legten ihre Fahrt zur Arbeitsstätte mit dem Fahrrad zurück, konnte man dadurch doch wöchentlich mindestens drei Mark Fahrgeld sparen. Ein gebrauchtes Rad war schon für unter zwanzig Reichsmark zu bekommen. Wer sich aber nicht einmal die Raten für ein Fahrrad leisten konnte, der ging eben zu Fuß – nicht nur zur Arbeit, auch in der Freizeit zum Verwandten- und Freundesbesuch, zu Veranstaltungen, Parteisitzungen – oft viele Kilometer weit.

Täglich mußten die Arbeiter auf den Weg zur Stempelstelle große Entfernungen zurücklegen. Bei knapp acht Mark wöchenlicher Wohlfahrtsunterstützung für einen Alleinstehenden ging meist mehr als die Hälfte für die (Unter-) Miete drauf, eine Stunde Fußweg für's Stempeln waren keine Seltenheit.


In den sechziger Jahren begannen Politik und Verwaltung mit der Realisierung der "Autogerechten Stadt". Die Tarpenbekstraße, ehemals am Rosenbrook endend, wurde zu Alsterkrugchaussee durchgebrochen, der Reinckeplatz, Tarpenbekstraße/Ecke Breitenfelder Straße durch einen gigantischen Verkehrsknoten ersetzt. Die alten Baumreihen in der Tarpenbekstraße mußten zwei zusätzlichen Fahrspuren weichen und der Kreisverkehr Lenhartzstraße/Eppendorfer Baum wurde zur autogerechten Kreuzung ausgebaut.




Läden in der Kegelhofstraße


Eingekauft wurde in der Kegelhofstraße, wie der Übersichtsplan von 1937 als Beispiel zeigt (Quelle: Adreßbuch): 41 Läden und kleine Handwerksbetriebe wie Schneider, Friseur und Wäschereien säumen die Straße. Das Brot gab's bei Frau Küster in Nr. 19 oder der Witwe Hintz, Nr. 51, Fleisch wurde beim Schlachter Gammelin in der Nr. 40 erstanden, Milch in der Nr. 4 bei Klüver. Zu besonderen Anlässen gings in den Feinkostladen von Frau Müller – wenn man's sich leisten konnte.

Das bereits von den Nationalsozialisten als Zugeständnis an ihre gewerbetreibenden Mitglieder eingeführte Ladenschlußgesetz begünstigte in den siebziger Jahren da""s Aufkommen der Supermarktketten, die das Sterben der kleinen Läden einleiteten. Heute, da die Läden zu Wohnungen umgebaut worden sind, ist kaum noch erkenntlich, wie bevölkerungsnah die Versorgung der BewohnerInnen einmal war.

Herr Rudolf Kröger beschreibt 1985 anläßlich einer Leseraktion des Eppendorfer Wochenblatts die Kegelhofstraße nach dem 2. Weltkrieg:

„In "meiner" Straße befand sich das Milchgeschäft Klüver, welches von Herrn und Frau Klüver geführt wurde. Die schwarzweiße Kuh aus Ton im Schaufenster hat mich stets angezogen. In unmittelbarer Nachbarschaft Klüvers befand sich der Schuster Rieck, wo es im Geschäft so schön warm war und es immer so gut nach Leder und Leim roch." (...) "Wieder wenige Schritte weiter (...) befand sich mein absolutes Lieblingsgeschäft, nämlich der Krämer Müller. Dieser rundliche Herr mit den wenigen Haaren, der immer ein Lächeln im Gsicht hattte, hat mich, da er uns manchmal einen Bonbon oder Kandis schenkte besonders beeindruckt. Die viele Holzschubkästen mit Holzschaufeln, die beschrifteten vielen Schilder und die großen Fässer und Säcke gaben dem Laden eine so angenehme Atmosphäre. Dann erinnere ich mich an Frau Wulf, die auf unserer Straßenseite einen Brotladen fürte, wo wir Kinder, wenn Brot "aufgerufen" (Lebensmittelkarten) war, uns abwechselnd mit Mutter anstellten und oft mit leeren Händen wieder ins Haus gehen mußten, da gerade vor uns der Kunde das letzte Brot abbekam. Etwa auf der Hälfte der Straße befand sich noch ein Brotgeschäft der Firma Busch, wo mir noch heute das Firmenzeichen "Brottragender Junge mit Hut" in guter Erinnerung ist. Nicht weit hiervon befand sich das Feinkostgeschäft Benecke, welches sicherlich icht nur für uns "eine Nummer zu groß" war. Trotzdem konnten wir uns manchmal dort etwas leisten, da die Tochter Marion mit meiner Schwester Carmen das Gymnasium besuchte. Auf der anderen Straßenseite [in Nr. 18] befand sich ein Kohlenhändler, Herr Wachmann, der dieses Geschäft im Keller und im Hochparterre (heute kaum vorstellbar) führte, lieferte Kohlen, Briketts und Holz in alle Wohnungen unserer Straße.“

Herr Kröger schreibt weiter: „Sehr gut, wenn ich diese auch als Gast aus Altersgründen nie besuchen konnte, erinnere ich mich an die Gaststätte "Zum Hopfengarten", die von Herrn und Frau Glüsing, die auch unsere "Hinterhof-Nachbarn" waren, geführt wurde. Diese Gaststätte, die heute noch an gleicher Stelle, natürlich in veränderter Form, betrieben wird, hatte damals einen ganz besonderen Charakter. Vor dem Lokal, wo heute brausender Autoverkehr die Szene beherrscht,befand sich ein wunderschöner Biergarten mit prachtvollen Linden, unter denen die Leute im Schatten ihr Bier getrunken haben.“


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